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4.59.1.1 - Potsdam, Neues Palais, Gartenfront nach J. F. Schleuen (?), Grund- und Aufriß



4.59.1.1 - Potsdam, Neues Palais, Gartenfront nach J. F. Schleuen (?), Grund- und Aufriß


Inventar Nr.: L GS 15074
Bezeichnung: Potsdam, Neues Palais, Gartenfront nach J. F. Schleuen (?), Grund- und Aufriß
Künstler: Johann Heinrich Wolff (1753 - 1801), Zeichner/-in
Datierung: 1773
Geogr. Bezug: Potsdam
Technik: Feder in Grau, grau, grün, rot und rosa laviert
Träger: Papier
Wasserzeichen: Krone über Wappenschild mit Lilie, darunter "C & I HONIG"
Maße: 49,2 x 70,5 cm (Blattmaß)
Maßstab: -
Beschriftungen: oben mittig: "Prospect / Des Neüen Königl: Palais Beÿ Potsdam wie selbiger von der großen Alleè von SansSouçi her an zu sehen" (Feder in Braun)
oben rechts: "Bl. 289." (Feder in Rot)
unten rechts: "Johann Henrich Wolff fecit / Cassell a[...] 5ten Martz: 1773" (Feder in Grau)


Katalogtext:
Zu den wichtigen Beispielen preußischer Schloßarchitektur gehört das von Johann Henrich Wolff auf großem Blattformat gezeichnete Potsdamer Neue Palais. Am Westende der großen Hauptallee des Potsdamer Parks wurde zwischen 1763 und 1769 das letzte und umfangreichste Schloßprojekt des preußischen Königs Friedrich II. errichtet. Nach ersten Ideenskizzen des Königs entstand nach den Entwürfen von Johann Gottfried Büring und Heinrich Ludewig Manger eine spätbarocke weiträumige Dreiflügelanlage mit flachem Ehrenhof und niedrigen seitlichen Annexen. Während das zweieinhalbgeschossige Corps de Logis einzig für Repräsentationszwecke gedacht war, nahmen die eingeschossigen, im allgemeinen für die Wirtschafts- und Bedienstetenräume ausgelegten Nebentrakte, die königlichen Wohnräume auf (Drescher/Badstübner-Gröger 1991; Mielke 1998, S. 74-78).
Die aus 25 Fensterachsen bestehende Fassade im frühklassizistischen Stil gliedern Kolossalpilaster korinthischer Ordnung, wobei die Gebäudemitte durch einen übergiebelten Mittelrisalit hervorgehoben wird. Die mächige Tambourkuppel erzeugt eine vertikale Dominante, die sich in dieser Form weder durch den Baukörper noch durch eine Raumanordnung im Innern begründen läßt. Vorbildhaft für das Kuppelmotiv wirkte das englische Castle Howard, das auch in Colin Campbells Werk "Vitruvius Britannicus" (Taf. 63-71) aufgeführt ist (Mielke 1998, S. 74-77). Dieses System vertikaler Akzentuierung wurde auch auf die seitlichen Annexe übertragen, indem man sie in kuppelgedeckten Eckpavillons enden ließ.
Wie eine Reihe weiterer Studienblätter deutlich macht, setzte sich Johann Henrich Wolff intensiv mit der Architektur von Kuppelbauten auseinander. Für das Anfertigen von Zeichnungen zu prominenten Gebäuden griff er dabei auf Vorlagen zurück. Der Bezeichnungstext des vorliegenden Blattes ("Prospect / Des Neüen Königl: Palais Beÿ Potsdam wie selbiger von der großen Alleè von SansSouçi her an zu sehen") verweist auf eine Radierung von Johann Friedrich Schleuen (1739-1784) aus dem Jahr 1770, die mit eben diesem Titel versehen ist (Drescher/Badstübner-Gröger 1991, S. 61, Abb. 57). Ein weiterer Hinweis auf die Vorlagenfunktion der Schleuen-Radierung ist die von Wolff ausgeführte Verschattung von Fassadenteilen. Um das Vorkragen des Mittelrisalits und das Zurückspringen der Nebentrakte im Aufriß deutlich zu machen, zeigt die Schleuen-Radierung eine dem Lichteinfall von links entsprechende Verschattung der sich rechts anschließenden Achsen. Ebenso ist Wolff bei seiner Zeichnung verfahren. Abweichungen finden sich in Gestalt der Kuppelverzierung der Endpavillons, die bei Wolff nicht abgerundet, sondern spitz ist. Die Kuppelbekrönung des Corps de Logis, die in einer von drei Grazien getragenen Krone endet, ist im Vergleich zur Vorlage überproportional vergrößert.
In den Einzelelementen der Fassadengliederung zeigt sich ein unruhiger, faseriger Federstrich, der die Klarheit der meisten späteren Arbeiten vermissen läßt. Wolff hat das Blatt in der rechten unteren Ecke mit seinem vollen Namen versehen und entgegen seiner sonstigen Gewohnheit Entstehungsort und Entstehungszeit ("Cassell a[...] 5ten Martz: 1773") hinzugefügt. Im selben Jahr entstand das ebenfalls datierte und mit seinem Namenszug versehene Blatt mit einer Darstellung eines Akademieentwurfs nach Peyre (L GS 15315). Die meisten der später entstandenen Zeichnungen tragen nur das charakteristische Namenskürzel Johann Henrich Wolffs.
Stand: September 2004 [MH]


Literatur:
Hallo 1930/1, S. 292, Anm. 18


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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