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11.1.4.3 - Entwurf für eine Anlage im Stil der englischen Neogotik, Grund- und Aufriß, Architekturdetails



11.1.4.3 - Entwurf für eine Anlage im Stil der englischen Neogotik, Grund- und Aufriß, Architekturdetails


Inventar Nr.: L GS 15191
Bezeichnung: Entwurf für eine Anlage im Stil der englischen Neogotik, Grund- und Aufriß, Architekturdetails
Künstler: unbekannt
Datierung: um 1840
Geogr. Bezug: unbekannter Ort
Technik: Graphit
Träger: Papier
Wasserzeichen: "VAN DER LEY"
Maße: 50,6 x 67,2 cm (Blattmaß)
Maßstab: -
Beschriftungen: oben rechts: "496." (Graphit)
verso: "Bleizeichnung zum Schloß Hußach [?] / des [...] Waldschloß / Granjean's Grabmal" (Graphit)


Katalogtext:
Das aus dem Nachlaß der Familie Wolff stammende Blatt zeigt die unvollendete Darstellung einer burgartigen Anlage. Weder der Entstehungshintergrund noch der ausführende Zeichner konnten ermittelt werden. Eine Beschriftung auf der Blattrückseite ("Bleizeichnung zum Schloß Hußach [?] / des [...] Waldschloß / Granjean's Grabmal") ist rätselhaft und trägt nicht zur Klärung bei.
In Aufriß, der die die komplette obere Blatthälfte einnimmt, sowie in Schnitt und zwei Grundrissen wird eine Gebäudeanlage im Stil der 'castellated gothic' vorgestellt. In der rechten oberen Blatthälfte sind zudem verschiedene Architekturdetails von Kapitellen und Konsolen skizziert.
Über einer hohen Böschung, die den wehrhaften Charakter der Anlage suggeriert, erhebt sich der rechteckige Gebäudekomplex mit tiefen seitlichen Trakten, die sich in der vorderseitigen Ansicht durch einachsige schmale Risalite mit Türmchenaufsatz auszeichnen. Im Untergeschoß sind die Ecken dieses Gebäudeteils durch erkerartige Anbauten hervorgehoben. Das Obergeschoß zeigt im mittleren Fassadenabschnitt eine Gliederung aus rundbogigen Zwillingsfenstern mit vorgeblendeten Spitzbogenrahmen und Balkonen. Unmittelbar hinter den Fensteröffnungen des Mittelbaus befindet sich eine zweigeschossige Galerie, die einen transversalen Innenhof umschließt und auf der gegenüberliegenden Hofseite von einem quadratischen Vorraum in den bergfriedartigen hochaufragenden Polygonalturm führt. Während die drei unteren Geschosse ringförmig die mittig angeordnete Wendeltreppe umschließen und somit kaum für Wohnzwecke nutzbar erscheinen, wird das hohe Obergeschoß in repräsentativer Form von einem Kuppelgewölbe überspannt. Außen wird dieses Geschoß durch einen auf Konsolen lagernden, den Turm ringförmig umschließenden Balkon hervorgehoben, der Zwillingsfenstern mit spitzbogiger Blendrahmung vorgesetzt ist. Seitlich schließt an das Gebäude eine hohe massive Burgmauer an, deren Ecken durch Risalite betont werden. Das Gebäude kann offensichtlich vom geböschten Unterbau aus erschlossen werden, wo eine Durchfahrt mit Gitterabschrankung sichtbar ist. Eine zweiarmige Rampenanlage mit Richtungswechsel führt zu der höher gelegenen Anlage. Zwischen den Rampenarmen ist in axialer Ausrichtung ein großer Schalenbrunnen plaziert, zu dem ein Stufenpodest hochführt.
Die Darstellung der Anlage führt ebenso wie die Gestaltung des vorgelagerten Geländes ein repräsentatives Bauprojekt vor. Die unklare, skizzenhafte Grundrißgestalt läßt keine Ableitung der Funktion einzelner Räume zu. Es ist jedoch eher an eine private Nutzung zu denken, wobei der Auftraggeber sowohl fürstlich/adeliger wie bürgerlicher Herkunft gewesen sein kann.
Trotz der neogotischen Bauelemente ist hier das tradierte Entwurfsschema vorherrschend, das sich in einer strengen Symmetrie und einer geschlossenen Fassadenwirkung äußert. Auf eine malerische, dem neogotischen Stilempfinden verpflichtete dezentrale Anordnung von Türmen und Erkern wurde dagegen verzichtet. Das Element eines hochaufragenden, zentralen Aussichtsturms innerhalb einer neogotischen Anlage findet sich in verschiedenen Entwürfen von Schinkel-Schülern wieder. Beispiele hierfür sind das Jagdschloß Granitz auf Rügen, das von Johann Gottfried Steinmeyer unter Mitwirkung von Karl Friedrich Schinkel (1835-1852) für den Fürsten von Puttbus errichtet wurde, und das Herrenhaus von Neetzow (1848-1851) nach dem Entwurf von Friedrich Hitzig.
Stand: August 2007 [MH]


Literatur:
unpubliziert


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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